Wie kläre ich meine Kinder über ihre genetische Herkunft auf?
Fast alle Eltern, deren Kinder mit Hilfe einer Eizellspende gezeugt wurden, stellen sich irgendwann die Frage, ob sie ihre Kinder über ihre Entstehungsgeschichte aufklären sollen. Entscheiden sie sich für die Aufklärung, fragen sie sich, wann und wie sie ihre Kinder aufklären sollen. In diesem Beitrag möchte ich dir die Gründe erläutern, warum es so wichtig ist, deine Kinder über ihre Entstehungsgeschichte aufzuklären. Außerdem berichte ich darüber, wie wir im Alltag mit diesem Thema umgehen.
Warum ist die Aufklärung wichtig?
Meiner Ansicht nach sollte am Anfang die Frage stehen: Welchen Grund gibt es, die Entstehungsgeschichte unserer Familie zu verheimlichen? Es gibt dazu überhaupt keinen Grund. Im Gegenteil, wir und unsere Kinder können auf unsere Geschichte sehr stolz sein. Wir als Eltern haben sehr viel auf uns genommen, um eine Familie zu werden. Unsere Kinder sind etwas ganz Besonderes, denn sie sind aus einer gespendeten Eizelle entstanden, an ihrer Entstehung waren drei Menschen beteiligt. Sie sind auf eine andere Art und Weise entstanden als viele andere Kinder, aber das ist nicht abwegig oder unnormal, sondern eben ein alternativer Weg.
Alle Expert*innen auf diesem Gebiet empfehlen die Kinder aufzuklären und zwar möglichst früh. Studien aus der Adoptionsforschung sowie solche, die den Umgang mit Kindern untersuchen, die aus einer Samenspende entstanden sind, zeigen, dass die Kinder es immer als einen Vertrauensbruch seitens der Eltern empfunden haben, wenn sie zu spät oder gar nicht aufgeklärt wurden.
Wie lässt sich die Aufklärung in den Alltag integrieren?
Für mich ist der offene Umgang mit der Eizellspende zu einer Selbstverständlichkeit in unserem Familienalltag geworden. An vielen Tagen wird die Entstehungsgeschichte gar nicht thematisiert, dann stellt plötzlich ein Kind eine Frage und wir sprechen darüber, bis für die Kinder wieder etwas anderes interessant ist. Oder ein Kind greift eines der Aufklärungsbücher aus dem Regal. Manchmal lese ich nur daraus vor, manchmal komme ich zwischendurch oder im Anschluss an die Geschichte auf unsere eigene Entstehungsgeschichte zu sprechen. Die Kinder sind interessiert, finden sie nie seltsam oder außergewöhnlich. Sie sind übrigens auch noch zu keinem Zeitpunkt auf die Idee gekommen, dass sie „zwei Mütter“ haben könnten, was ja als Begründung für die Aufrechterhaltung des Verbotes der Eizellspende in Deutschland angeführt wird. Die sogenannte „gespaltene Mutterschaft“ existiert in der Realität nicht.
Wenn ich meine Kinder so betrachte, gibt es Momente, in denen ich fasziniert bin. Sie sind so sehr unsere Kinder, machen so vieles nach, was wir ihnen vorleben. Wenn ich sie betrachte, sehe ich kleine und größere Ähnlichkeiten mit meinem Mann, die vielleicht auf den ersten Blick nicht auffallen. Und dann ist da noch etwas anderes, etwas Unbekanntes, eine äußere Ähnlichkeit, für die wir kein Spiegelbild besitzen. Gesichtszüge, Augen, Haarfarbe, die wir bei uns vergeblich zu finden versuchen, die den Kindern von einem anderen Menschen mitgegeben wurden. Ich bin fasziniert, weil sie diese aufregende Mischung in sich tragen und ausstrahlen. Sie wurden von drei Menschen geprägt und das ist etwas was sie – neben vielen weiteren Merkmalen -zu etwas Besonderem macht.
In solchen Momenten frage ich mich, wie die Spenderin aussieht, wie es ihr geht, wie und wo sie lebt. Ich würde es gerne wissen. Aber ich kann auch damit leben, dass ich es nicht weiß, dass es ein Geheimnis bleibt.
Werden unsere Kinder dies akzeptieren? Wir wissen es nicht. Das müssen wir auf uns zukommen lassen. Wir wissen nicht, wie sie die Tatsache, dass sie mit Hilfe einer anonymen Eizellspende entstanden sind, mit 12, 13, 14 oder 15 Jahren betrachten werden. Was wir tun können ist, ihnen von Anfang an die Wahrheit zu sagen.
Fazit: Warum ist es so wichtig, den Kindern ihre Entstehungsgeschichte nicht zu verheimlichen?
Kehren wir zur Ausgangsfrage zurück: Es gibt keinen Grund die Eizellspende zu verheimlichen, aber viele Gründe, offen mit der Entstehungsgeschichte der eigenen Familie umzugehen. Und nicht nur die dies: die Kinder sollen spüren, dass sie stolz auf ihre Entstehungsgeschichte sein können. Sie waren so sehr gewünscht, dass ihre Eltern über sich selbst hinausgewachsen sind und nicht aufgegeben haben. Es wird in den Medien meistens so dargestellt, als sei die Eizellspende ein Akt der Verzweiflung. Sie ist es nicht, sie ist eine neue Hoffnung.